Haushaltsrede 2024 Stadt Gütersloh

DIE LINKE. im Rat der Stadt Gütersloh

Prekäre Haushaltssituation für die Stadt Gütersloh!! Verursacht durch jahrelange, verfehlte Haushaltspolitik. Die Reichen werden geschont, die Anderen müssen zahlen.

 

Ich könnte meine Rede mit dem Satz beginnen: „Ich hab´s Ihnen ja gesagt…..!)“

Wer übers Jahr viel Holz sammelt, braucht im Winter nicht zu frieren. Will sagen, wenn man sich in guten Jahren ein finanzielles Polster schafft, kommt man auch gut durch finanziell schwierige Zeiten.

In den vergangenen Jahren habe ich Ihnen immer wieder empfohlen, jedenfalls für gute Wirtschaftsjahre, die Steuerhebesätze moderat anzuheben.

Meinen guten Vorschlägen konnten Sie sich immer erfolgreich verschließen. Dadurch haben Sie uns letztlich an den Rand einer prekären Haushaltssituation gebracht. Jetzt, wo es fast zu spät ist, sehen auch Sie die Notwendigkeit von Steuererhöhungen.

Die Grundsteuer A wollen Sie von 247 auf 360 Pkt. anheben.

Die Grundsteuer B wollen Sie von 479 auf 606 Pkt. anheben.

Die Gewerbesteuer wollen Sie von 414 auf 416 Pkt. anheben.

Die Anhebung der Gewerbesteuer um 2 Pkt. ist geradezu lächerlich. Aber ich weiß, dass Gewerbetreibende und Investoren hier wie heilige Kühe behandelt werden. Das geht sogar so weit, dass man lieber eine Haushaltssicherung in Kauf nimmt, als die Gewerbesteuern zu erhöhen, wohlwissend, dass auch eine Haushaltssicherung unweigerlich zu einer Erhöhung der Gewerbesteuern führen würde. Aber dann ist man aus der Verantwortung und kann sagen: “Das haben andere so festgelegt, wir sind schuldlos!“

Die stärkste Erhöhung wollen sie bei der Grundsteuer B. Das ist eine starke Belastung, nicht nur für Grundbesitzer, sondern vor allem auch für alle Mieterinnen und Mieter und damit für alle Einwohner. Eine Erhöhung der Gewerbesteuer hingegen belastet „nur“ die Käufer der Produkte.

Ich empfehle Ihnen hier die Steuern auf das statistische Mittel für die Städte in NRW zu beschließen.

Die Grundsteuer A auf 310 Pkt. anstatt auf 360 Pkt.

Die Grundsteuer B auf 565 Pkt. anstatt auf 606 Pkt.

Die Gewerbesteuer auf 453 Pkt. anstatt auf 416 Pkt.

Sie können das gleich noch einmal diskutieren und bedenken, bevor Sie den Haushalt heute beschließen -- oder auch nicht.

Ich darf Ihnen auch wieder einmal den Gewerbesteuerprüfer ans Herz legen. Das würde unzweifelhaft zu Mehreinnahmen und Steuergerechtigkeit führen.

Ein Wort auch noch zum Wunschareal Gewerbepark Flugplatz. Einen Gewerbepark auf Teilen des ehem. Flugplatzes wünschen sich hier viele. Ich darf Ihnen noch einmal unser umweltschonendes Gewerbekonzept „Leben und Arbeiten“ aus dem Jahr 2011 in Erinnerung bringen, basierend auf den damals erstellten Gutachten. Vielleicht gelingt es Ihnen ja eines Tages, die Vorzüge dieses Konzeptes zu erkennen. Auch dadurch könnten zusätzliche Einnahmen generiert werden. Leider ist der Fortgang des Projektes durch das Militär auf unbestimmte Zeit geblockt.

Wir müssen alle unsere Bemühungen darauf konzentrieren, unsere amerikanischen Waffenbrüder davon abzuhalten hier Quartier zu beziehen. Denn eines weiß ich sich. Von dem Tage an, wo das Militär hier wieder einzieht, wird auf einer von Putins Atomraketen „Для Гютерсло“ (also für Gütersloh) stehen. Man könnte sagen:“From Russia with love“.

Jetzt möchte ich die Einnahmeseite verlassen und auch etwas zu den Einsparmöglichkeiten sagen. Ich werde Sie hier allerdings nicht mit seitenweisen Vorschlägen langweilen. Daher nur ein paar aktuelle Themen.

Da werden über Jahrzehnte alle möglichen teuren Gutachten beauftragt. Gutachten von denen ein großer Teil in Verwaltungsschubladen verschwindet und überhaupt nicht umgesetzt wird. Setzen Sie doch um, was da drin steht, sonst brauchen Sie auch keine Gutachten. Hier gibt es deutliche Einsparungspotenziale.  

Die Verkleinerung des Rates soll uns viel Geld sparen. Leider werden damit auch gleichzeitig demokratische Rechte und Mitbestimmungsmöglichkeiten stark beschnitten. Eine Ratsfrau wurde unlängst bei einer anderen Gelegenheit mit den Worten zitiert: “Demokratie kostet halt Geld.“ Das trifft offenbar für diesen Fall nicht zu. Man macht da schon Unterschiede.

Für den Stellenplan gibt es natürlich auch Einsparungen. U. A. haben wir jetzt eine Dezernatsleitung und eine Geschäftsführung zusammen gebracht. Das wirft natürlich sofort die Frage auf. Wenn jetzt eine Person die Arbeit von 2 Personen schafft, dann muss wohl vorher eine Person zu viel da gewesen sein. Zukünftig wird uns das jedenfalls eine Beigeordneten-Stelle einsparen. Korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liegen sollte.

Ich komme leider nicht umhin, ein paar Wort über die missliche Bürgermeistersituation zu verlieren.

Was sind die Fakten?

Es gibt einen Bürgermeister und es gibt die Beigeordneten. Beide Seiten kommen nachweislich nicht miteinander aus.

Dann ist da noch ein mehrseitiges Schreiben der Beigeordneten an den Bürgermeister, als „Friedensangebot“. Themen dazu wurden bereits umfangreich in der Presse, Funk, Fernsehen und sozialen Medien diskutiert. Die Informationen scheinen offenbar aus diesem Schreiben zu stammen.

Das Schreiben ist so geheim, dass ich mir als Ratsherr erst die Einsicht vom Rat genehmigen lassen musste. Ich möchte von Ihnen wissen, wie sind die Medien an solche Informationen gelangt, und wer von Ihnen ist für diese Indiskretionen verantwortlich!

Es gibt z. Zt. straf- und disziplinarrechtliche Ermittlungen. Die sind bislang ohne Ergebnis. Selbst wenn alle Vorwürfe zutreffen, die gegen den Bürgermeister erhoben werden -- ich beziehe mich da ausschließlich auf Medienberichte -- so dürfte hier kaum mehr als eine Geldstrafe zu erwarten sein. Für die Amtsenthebung eines Bürgermeisters reicht das bei Weitem nicht aus.

Nun könnte man dem Bürgermeister Unfähigkeit vorwerfen. Meine Damen und Herren, wenn Unfähigkeit ein Grund wäre Politiker bzw. Mandatsträger aus Amt und Würden zu jagen, dann müssten sich Regierungsbänke, Rats- und Plenarsäle wohl vielerorts lichten.

Im Grunde also, gibt es bislang nicht viel Greifbares, was Sie dazu veranlasst hat ein Abwahlverfahren zu initiieren. Ein in der Gütersloher Stadtgeschichte bisher einmaliger Vorgang, der m. E. vermeidbar gewesen wäre. Ein Imageschaden welcher Gütersloh landesweit in die Medien gebracht hat. Und das kurz vor einem denkwürdigen Jubiläumsjahr.

Ich bin sicher, Ihnen war von vorn herein bewusst, dass das ganze Verfahren mit rd. 500.000€ zu Buche schlagen würde.

500.000€ die man z.B. in die Ausstattung von Schulen und Kindergärten hätte investieren können. Oder zur Linderung von Kinderarmut und anderen sozialen Projekten hätte nutzen können. Oder auch für Schülertickets.

500.000€ das sind rd. 10.000€ für Jede/Jeden von Ihnen. Geld von Anderen auszugeben ist leicht. Selbstverständlich steht es Ihnen frei die entsprechende Summe an die Stadt zu überweisen. Damit würden Sie den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, wie ernst es Ihnen damit ist. Ich bin sehr gespannt, wieviel zusammen kommen wird.

Heute wollen Sie auch einen Doppelhaushalt für die Jahre 2025/2026 beschließen. Das ist unter gewissen Umständen auch sinnvoll. Für die Jahre 2025/2026 macht das jedoch keinen Sinn. In 2025 sind Kommunalwahlen. Wie können Sie, ohne Kenntnis des Wahlausganges, heute etwas beschließen, was eigentlich der neu gewählte Rat 2025 beschließen muss?

Meine Damen und Herren, ich muss gestehen, es hat schon Jahre gegeben, in denen ich zuversichtlicher auf die Stadtentwicklung geblickt habe. Mögliche Projekte, wie Flugplatz oder Mansergh-Quartier werden von anderen auf Jahre blockiert. Der ÖPNV muss dringend ausgebaut und günstiger werden, Umwelt- und Klimaschutz fristen ein Schattendasein und müssen deutlich verbessert werden. In Gütersloh guten, bezahlbaren Wohnraum zu finden ist fast so selten wie ein Lottogewinn. Und Vieles mehr. Alles wird teurer, leider auch für die Stadt. Wo wollen Sie das Geld hernehmen oder sparen?

Das Gespenst der Haushaltssicherung ist noch lange nicht gebannt. Wenn Sie ernsthaft eine Haushaltssicherung vermeiden wollen, werden Sie in den nächsten Jahren nicht um einschneidende Einsparungen und Steuererhöhungen herum kommen. Das ist insofern besonders ärgerlich, da im kommenden Jahr die Kommunalwahlen anstehen. Sie wollen doch nicht vor den Wählern da stehen, mit nichts als leeren Händen und einem Haufen Schulden?

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen, dass ich mir Ihre Zeit nehmen durfte.

Manfred Reese

Stadtrat

 

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