Haushaltsrede im Rat der Stadt Gütersloh
Alles wird aktuell überschattet von den schrecklichen Ereignissen in der Ukraine und so sehr ich immer wieder dafür plädiere, sich auch mit Gegnern und potentiellen Tätern an einen Tisch zu setzen und diplomatisch zu verhandeln, so sehr bin ich doch erschüttert über Putins Angriffskrieg auf die Ukraine und es fällt mir schwer, wie sicher vielen anderen Menschen auch, zu erkennen, dass nun möglicherweise eine Eskalationsspirale folgen wird.
Ich leite direkt über zum ehemaligen britischen Flughafen Gelände an der Marienfelder Straße. Zusammengefasst beschreibe ich dies wie folgt: wie es aussieht, wollen die Briten wohl den Flughafen zurück. Jetzt in dieser Situation des Ukraine-Konfliktes rückt die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Stationierung der Briten in Gütersloh in unangenehme Nähe und mich können manche Beschwichtigungen wie „die Flugbahn sei ja marode“ oder man wolle „ja nur ein wenig Gerät hier lagern“, nicht erreichen. Noch dazu wissentlich, dass die Senne nicht weit weg ist und auch dieses Gebiet eine von der NATO favorisierte Lokalität ist.
Was passiert denn mit uns hier in Gütersloh, wenn hier morgen die Panzer rollen, von hier aus NATO-Militär in den Krieg fliegt und billigend in Kauf genommen wird, dass Zivilisten, Frauen und Kinder in genau diesem Konflikt getötet werden, Häuser und Lebensräume verseucht und zerstört werden? Unter uns Kollegen und Kolleginnen im Rat gibt es keine Zeitzeugen mehr aus dem Nazi-Krieg. Ich stamme gebürtig aus Gelsenkirchen; ich bin in dem Haus meiner Großmutter aufgewachsen und höre die Kriegsberichte meiner Familienangehörigen noch sehr lebhaft in meinen Ohren.
DIE LINKE ist eine pazifistische Partei. Wir positionieren uns aus diesem Grunde ausdrücklich gegen eine erneute Stationierung der Briten in Gütersloh und werden keine Möglichkeit auslassen uns für den Frieden einzusetzen und dafür zu demonstrieren, dass die Waffen ruhen. Auch wenn wir als Stadtrat keine Entscheidungsgewalt haben, so können wir dennoch eine gemeinsame Stimme für den Frieden haben und sollten dies nach außen signalisieren, dass das, was wir wollen Frieden ist und keine weiteren Eskalationen.
Viele, viele Jahre der Planung für ein Gewerbegebiet auf dem ehemaligen Flughafengelände werden nun möglicherweise null und nichtig gemacht, wenn die Briten dies zurückhaben wollen. Wer kommt für diesen unermesslichen finanziellen Schaden auf, der den Gütersloher Steuerzahlern dann blüht?
Die Corona-Krise belastet uns ja auch noch nach wie vor in Gütersloh. Kinder, Jugendliche und Alleinerziehend leiden am meisten in dieser Krise. DIE LINKE hofft wie Sie auch, dass wir in Gütersloh bald wieder ein normales Leben führen können und deshalb freue ich mich auch besonders darüber, dass der Termin für das diesjährige Stadtfest Gütersloh International für den 20.08.2022 steht. Auch sehr erfreulich ist die Planung eines neuen Skateparks für die jungen Menschen in unserer Stadt. Eine weitere sehr positive Entwicklung unserer Stadt zeigt die aktuelle Errichtung eines Bürgerrates.
Leider gibt es aber in Gütersloh scheinbar nicht für alle Menschen ein soziales Netz. So beobachte ich mit Sorge eine gefühlt ansteigende Obdachlosigkeit von Menschen. So gibt zum Beispiel es einen obdachlosen Mann, der seit einiger Zeit an einer Bushaltestelle an der Carl-Bertelsmann-Straße, Mündung Carl-Miele-Straße schläft und ich frage mich, wie so etwas in einer wohlhabenden Stadt wie Gütersloh überhaupt möglich ist.
Ich mache mir große Sorgen um die Diskussion um das Mansergh-Quartier. Ich habe zu den geplanten Vorhaben auf dem Gelände meine Zustimmung bislang nicht geben können und werde auch weiterhin keinen Vorhaben zustimmen, bei denen Bäume gefällt, Lebensräume zerstört werden und noch immer unklar ist, wie viel bezahlbarer Wohnraum und wie viele Sozialwohnungen geschaffen werden. Es fehlen nach wie vor Tausende bezahlbare Wohnungen in Gütersloh.
Fahrradstraßen alleine bringen noch keine Klimagerechtigkeit. Wichtig wären ein effektiver Artenschutz, keine Abholzung gesunder Baumbestände, durchschlagende Maßnahmen gegen die Zerstörung von Lebensräumen und im Besonderen ein kostenloser ÖPNV für alle Bürger und Bürgerinnen der Stadt Gütersloh, denn auch wir als Stadt können unseren Beitrag zur Rettung des Klimas leisten.
Die im Zusammenhang mit der Bewältigung der Coronakrise im Jahre 2020 bei der Firma Tönnies entstandenen Aufwendungen in Höhe von 246.320 € wurden von dem Konzern nicht an die Stadt Gütersloh zurückgezahlt und hat die Verwaltung bis heute auch leider keine weitere Veranlassung gesehen, die Forderung der Stadt Gütersloh noch einmal zu erneuern. Das ist wirklich bedauerlich, wo es sich doch um Steuergelder von Bürgern und Bürgerinnen handelt.
Jede Entscheidung über Ausgaben der Stadt sollte sich an den Kriterien der ökologischen Nachhaltigkeit und dem Abbau sozialer Ungleichheiten orientieren. Deshalb wäre mir auch ein eigenes Dezernat für Klimaschutz wichtig gewesen, um diese Ziele schneller und nachhaltiger zu hier in Gütersloh verfolgen. Ich hoffe dennoch, dass wir keine Anstrengungen unterlassen werden, die dem Schutz des Klimas förderlich sind.
Abschließend möchte ich Sie nochmals wie auch im vergangenen Jahr um folgendes bitten: Eigentumswohnungen oder horrende Mieten – das ist nicht das was wir Gütersloher*innen brauchen. Wir müssen mehr Anstrengungen auf die Schaffung von bezahlbarem und sozialen Wohnungsbau in Gütersloh legen, damit sich auch jede und jeder Gütersloher*in und vor allem auch Alleinerziehende mit Kindern eine anständige Wohnung leisten können.
Camila Cirlini, Mitglied im Rat der Stadt Gütersloh